Unter dieser Überschrift lud der Saarländische Richterbund zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung am 06.09.2022 in den Großen Festsaal des Schlosses Saarbrücken ein.
Unter der Moderation von Barbara Spitzer vom Saarländischen Rundfunk diskutierten die justizpolitischen Sprecher der CDU- und SPD-Landtagsfraktionen, Dagmar Heib und Frank Schmidt mit dem Vorsitzenden des Saarländischen Richterbundes Christian Dornis, dem Rechtsanwalt JR Hans-Georg Warken und dem zahlreich anwesenden Publikum.
In seinem Auftaktstatement schilderte Dornis die aktuelle extrem angespannte Personalsituation und die hieraus resultierende andauernde Überforderung. Dabei mache nicht nur die Unterbesetzung bei Richter/inne/n und Staatsanwälte/inne/n Sorge, sondern immer mehr auch die Personalnot im Bereich der Rechtspfleger/innen und Geschäftsstellen. Zudem beklagte Dornis, dass die kleinteilige Struktur verhindere, dass Gerichte mit ausreichend Wachtmeister/inne/n ausgestattet werden. Für eine Zukunft mit der elektronischen Akte befürchtet Dornis ein Chaos, weil für die Anwender/innen technischer Support vor Ort zumeist nicht verfügbar sein wird.
Bei dieser Analyse erhielt Dornis Unterstützung von Rechtsanwalt Warken, der anmerkte, dass beispielsweise die Verfahrensdauern bei Zivilprozessen oder aber auch die Wartezeit auf einen Grundbucheintrag Wirtschaftsfaktoren seien, die man nicht vernachlässigen darf. Der/die Richter/in, der/die sich in einer Verhandlung schon auf Akte, Verfahrensbeteiligte und Protokoll konzentrieren müsse, könne nicht als weitere Aufgabe noch die technischen Probleme managen. Hier gebe es zur/zum technischen Verantwortlichen vor Ort keine Alternative.
Die Abgeordnete Heib (CDU) verwies auf in der letzten Wahlperiode im Zuge des Paktes für den Rechtsstaat geschaffene 23 Stellen für Richter und Staatsanwälte und eine Ausbildungsoffensive für den nachgeordneten Bereich. Dornis betonte, dass tatsächlich nur 12 zusätzliche Stellen geschaffen worden seien, die zudem von zusätzlichen Aufgaben der Staatsanwaltschaft größtenteils aufgezehrt worden seien. Ein effektiver Personalgewinn sei nicht spürbar, zumal die Verfahren immer komplexer würden. Dies bilde das Personalberechnungssystem für die Justiz nicht ab, das mit veralteten Zahlen aus dem Jahr 2014 (!) arbeitet.
Frank Schmidt (SPD) merkte an, dass das Personalberechnungssystem auf der Herbsttagung der Justizminister besprochen werde. Eine Korrektur der Personalberechnung sei notwendig. Einzelne neue Aufgaben der Justiz seien aber auch schon durch neuere bzw. aktualisierte Zahlen abgebildet.
Aus dem Publikum schilderte der Amtsgerichtdirektor aus Neunkirchen, Johannes Schmidt-Drewniok die Auswirkungen, die die Personalknappheit und der hohe Krankenstand für die Rechtssuchenden und die Leistungsfähigkeit des Gerichts hat. Bernd Klasen, der Direktor des Amtsgerichts Homburg schilderte die Erfahrungen als Pilotgericht für die elektronische Akte und mahnte an, dass in der Einführungsphase eine intensive Schulung und Hilfen für die Anwender vor Ort erforderlich seien.
Die Diskussion brachte der frühere Präsident des Landessozialgerichts Bender auf den Punkt, der konstatierte, er habe ein Déjà-vu und komme sich vor wie vor 12 Jahren: dass die Personaldecke viel zu dünn sei und eine langfristig gute Ausstattung der Justiz für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft unabdingbar sei, sei bereits zu seiner Zeit immer wieder diskutiert worden: offenbar ohne Erfolg.
In ihren Schlussstatements sahen Warken und Dornis die saarländische Justiz näher am Zusammenbruch als am Aufbruch. Die Abgeordneten machten deutlich, dass sie sich für die Belange der Justiz einsetzen wollen, verwiesen aber auch auf die sehr angespannte Haushaltslage.
Die Pressemitteilung finden Sie hier als *.pdf.